Photographed in Reykjavik.
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Meine letzte Beziehung war eher eine Rose. Ziemlich stachelig, wenn man sie falsch erwischt hat. Sehr pflegebedürftig, feingliedrig und in regelmäßigen Abständen verblüht. Es war nicht so, als hätte sie nie in voller Pracht gestanden oder als wäre sie nicht schön anzusehen gewesen, aber sie war kompliziert und vielschichtig, hatte Ansprüche, derer beide nicht gerecht werden konnten. Sie hat nicht zu mir gepasst, die Rose. Ich hatte einfach keinen grünen Daumen. Den habe ich generell noch nie gehabt in meinem Leben, diesen besagten grünen Daumen – weder für Pflanzen, noch in punkto Beziehungen. Mir ist schnell alles zu anstrengend geworden, zu stachelig, zu sehr schönwetterabhängig. Ich bin mehr der Kaktus Typ. Der Heide Mensch. Manchmal auch Farn. Island ist das perfekte Land für mich, was seine Pflanzenwelt, seine Flora betrifft. Wetterbeständig, sturmfest, robust. Dabei absolut wundervoll, magisch sogar und einzigartig. Dinge, die mich nicht nur in der Welt des Grün begeistern, sondern die ich auch mein Leben lang in einer Beziehung gesucht habe. Ich hoffte auf eine Partnerschaft, die jeden Winter, jeden Sturm schadlos überstehen kann, die wie ein Weihnachtskaktus auch in der dunklen Jahreszeit blüht, wie die Besenheide den ersten starken Brisen des Herbstes noch trotzig entgegen leuchtet.
Jetzt habe ich einen Winterkaktus geheiratet, wenn man so will. Ich hab’ ihn inmitten des isländischen Heidelandes gefunden und zwischen moosigen Felsen JA gesagt. Ich hab sie gefunden, die Beziehung, die so ist wie Besenheide, wie ein Farn. Eine unkomplizierte, sturmsichere und unstachelige Partnerschaft fürs Leben.
Es ist verrückt, das laut zu sagen (oder in diesem Falle zu schreiben): ich habe geheiratet. An einem leicht bedeckten Tag im Oktober haben wir unsere Liebsten um uns gehabt und eine Hochzeit gefeiert, die entspannter nicht hätte sein können. Es gab keine Vorbereitungszeit, denn wir wollten nicht zu viel Zinnober um etwas machen, das uns so natürlich erschien. Ich habe kein ‘echtes Brautkleid’ getragen, sondern einfach eines, das ich im Vorbeigehen entdeckte und das sich sofort richtig anfühlte. Wir haben keine Ringe getauscht, sondern sie uns jetzt, ein paar Wochen später, ganz in Ruhe nachträglich ausgesucht. Wir haben weder im Standesamt noch in der Kirche geheiratet, sondern an einem meiner liebsten Plätze in Island – auf der kleinen Insel Grottá. Direkt unter dem Leuchtturm, den ich so wundervoll finde. Nur unsere Eltern, Caro und Logi (selbstverständlich als Trauzeugen) und unsere liebe Jasmine waren dabei. Die Beamtin hat die Prozedur keine 10 Minuten dauern lassen, danach gab es Torte und Kaffee, ein lockeres Beisammensein. Die Deko bestand nicht aus aufwendigen Blumengestecken, sondern aus Weihnachtskakteen und Heide.
Ich hätte mir, ich hätte UNS, keinen perfekteren Tag wünschen können. Ich war nicht eine Sekunde nervös, am Morgen noch eine große Runde spazieren. Wir haben ausgiebig gefrühstückt, sind mit den Gummistiefeln durch die langsam einsetzende Ebbe gestapft und haben den Raum ein wenig umgebaut, den wir auf dem Inselchen gemietet hatten. Ich hab’ mich geschminkt und angezogen und meine liebste Caro (in Kooperation mit Logi und ihrem Papa) hat uns eine Runde im Oldtimer organisiert. Sie kennt mich besser als ich mich selbst manchmal. So sind wir aus dem Flitzer gestiegen, den Sand entlang geschlendert, haben alle herzlich gedrückt, laut JA gesagt und ein (na gut, drei) große Stücke Torte gegessen. Caro und Logo haben unser Hochzeitsessen gekocht und so haben wir in ganz, ganz kleiner Runde (zu sechst) in unserem eigenen Heim gesessen, den Kamin angemacht, Wein getrunken und uns über den wundervollen Tag gefreut. Ich bin froh, dass unser Hochzeitstag genau so und nicht anders abgelaufen ist. Er war in jeder Hinsicht wie wir. Ich habe mich nicht verkleidet gefühlt, nicht maskiert, nicht eine Sekunde unwohl in meiner Haut. Schöner kann ich mir die Schließung eines solchen Bundes nicht vorstellen.
Weihnachtskaktus // Farn // Besenheide
Warum Heide? Warum lieber Kakteen als Rosen? Wenn ich diese Beziehung beschreiben möchte, nach der ich so lange gesucht und die ich nun endlich gefunden habe, dann würde ich es anhand jener Pflanzen tun. Weil sie so gut zu mir, zu Island, zu meinen Vorstellungen von Glück passen. Ich versuche es mal:
Nehmen wir die wunderschöne, wilde Besenheide. Sie ist robust, blüht in den verschiedensten Farben und übersteht den Winter, wenn alle anderen Pflänzchen sich bereits wieder verabschiedet haben. Heide kann man sich selbst überlassen, sie trotzt Wind und Wetter und fördert dabei ganz nebenbei das natürliche Gleichgewicht des Bodens, auf welchem sie steht, da ihre Wurzeln das Regenwasser besonders gut ablaufen lassen. Besenheide ist zäh, lässt sich am liebsten auf Hängen und Böschungen nieder. Bienen lieben sie und legen mit dem Nektar der leuchtenden Blüten ihren Wintervorrat an, der daraus produzierte Honig gilt sogar als heilsam. Eine Pflanze, die nicht viel Pflege braucht, nur reichlich Licht, frische Luft – am liebsten sogar eine leichte Brise – keinen Dünger, dafür einen guten Schuss Regenwasser. Eine Beziehung sollte genau so sein: zäh, beständig auch bei Wind und Regen, pflegeleicht. Natürlich ist sowohl eine Partnerschaft als auch eine Freundschaft immer mit Kompromissen verbunden, damit, aneinander zu wachsen, was selbstverständlich ein wenig Arbeit bedeutet. Wässern und gute Erde muss sein, aber täglich hegen und pflegen, die ständige Angst, etwas zu sagen oder zu tun, was die Beziehung eingehen lässt – das ist keine Basis. Ein natürliches Gleichgewicht ist wichtig, ein echtes Fundament, ein Gefüge und Gefälle, welches nicht erst künstlich erschaffen werden muss. Liebe sollte einfach sein.
Noch mehr gilt dies übrigens für die Winterheide, diese blüht sogar in den Wintermonaten Dezember bis März/April erst richtig auf. Auch so ein Punkt in Beziehungen: wenn es hart wird, dann sollte man ganz besonders zusammenhalten, anstatt sich das Leben gegenseitig nur noch schwerer zu machen. Auch der Weihnachtskaktus ist ein Fan der dunklen Jahreszeit. Er bedarf keiner ständigen Pflege, ist nur kein Freund davon, dauernd umgestellt zu werden. Er hat seinen Lieblingsplatz und dabei bleibt er auch. Beständigkeit. Ein solcher Kaktus blüht 20 bis 30 Jahre lang. Ihr seht, worauf ich hinaus will?
Ich hatte immer diese Vorstellung, dass eine Beziehung so federleicht wie ein Farnblatt sein sollte. Nicht ständiger Diskussionen bedürfen müsse, sondern lediglich Kompromisse. Dass sie auch den schwierigen Situationen trotzen könne, sich niemals wie eine Belastung anfühlen würde. Ich habe jahrelang eine gegenteilige Erfahrung gemacht. Jeder zweite Tag hat damals einen kleinen Kampf bedeutet. Ich habe nicht mehr an den Spruch geglaubt ‘wenn man es weiß, dann weiß man es einfach’ – aber er ist wahr. Mit Einar hat sich alles ganz von selbst gefügt, natürlich, EINFACH. Ich habe nicht gezweifelt, hatte keine Angst, ich mache mir um unsere gemeinsame Zukunft nicht die leisesten Sorgen. Das Leben ist sicher nicht frei von dunklen Tagen und auch wir werden unsere Portion davon bekommen, aber ich weiß, dass wir das zusammen meistern werden.
Für mich war es genau das Richtige, bei unserer Hochzeit mit Pflanzen zu dekorieren, mit DIESEN Pflanzen zu dekorieren. Sie gehören zu Island, spiegeln dieses Fleckchen Erde in jeder Hinsicht perfekt für mich wieder. Island ist robust, rau, wundervoll. Und auch zu unserer Beziehungen passen sie. Ich finde es generell eine schöne Idee, mit der Tradition der Blumengestecke zu brechen und etwas für sich zu finden, was die eigene Sprache spricht. Ein schöner Nebeneffekt ist, dass die Dekoration nicht verblüht und die Vasen wieder fein säuberlich im Schrank landen, sondern dass die bunten Pötte mit den blühenden Pflanzen nun unser zu Hause zieren. Wenn wir Glück haben, dann schmücken sie auch noch die nächsten 20 Jahre unsere Regale und erinnern uns immer wieder an einen perfekten Oktobertag. // Weiter Inspiration zu ‘Grünen Hochzeiten’ findet ihr auf Pflanzenfreude.de.
